BUND-Landesverband Schleswig-Holstein e.V.

Versiegelung Stoppen!

17. Mai 2019 | BUND, Klimawandel, Landespolitik, Lebensräume, Nachhaltigkeit, Naturschutz, Stadtnatur

„Unser Ziel ist, den Flächenverbrauch bis zum Jahr 2030 auf maximal 30 Hektar/Tag zu halbieren.“ So lautet der Satz, auf den sich SPD und CDU in ihrem Koalitionsvertrag in Berlin einigten. Ein dringend notwendiges Ziel, denn trotz gleichbleibender Bevölkerungszahl in der Bundesrepublik Deutschland, wird beständig gebaut und Fläche verbraucht und versiegelt. Von einer Mäßigung oder gar einer aktiven Verringerung des Flächenverbrauchs ist wenig bis gar nichts zu spüren.

Im bundesdeutschen Vergleich geht Schleswig-Holstein mit schlechtem Beispiel voran. Der Flächenverbrauch liegt in Schleswig-Holstein, vor allem durch Siedlungs- und Verkehrsbaumaßnahmen, bei mehr als 2,7 Hektar pro Tag. Flächen, die für Wasserregeneration, Wärmepufferung und CO2-Bindung verloren gehen. Dabei stünden dem nördlichsten Bundesland, bezieht man sich auf die 30 Hektar für ganz Deutschland, nur 1,3 Hektar Flächenverbrauch pro Tag zu. Die Maßgabe wird also um mehr als das Doppelte überschritten. Dennoch lautet das Credo der Parteien auch weiterhin: „Bauen, bauen bauen!“


Gesetzliche Grundlagen

In Schleswig-Holstein wird über den Landesentwicklungsplan (LEP) festgelegt, mit welchem Prozentsatz Siedlungen wachsen, also bauen dürfen. Der aktuelle LEP aus dem Jahr 2010 legt dabei für die räumliche Entwicklung von Gemeinden, die nicht zu den Schwerpunkten für Wohnungsbau gezählt werden, einen Wert von 10 Prozent für kleine Gemeinden und für größere Orte einen Zuwachs von 15 Prozent fest. Die Prozentsätze bezogen sich dabei auf den Wohnungsbestand der jeweiligen Gemeinden im Dezember 2009.
Doch dies war diversen bauwütigen Gemeindevertreter*innen nicht genug. Ihre Hoffnung: Höhere Steuereinnahmen und Zuweisungen durch steigende Einwohnerzahlen. Ein Wunsch, den viele kurzsichtigere politische Vertreter*innen vor Ort direkt in die Tat umzusetzen versuchten. Das Resultat war ein Ausreizen der vorgeschriebenen Baugrenzen innerhalb kürzester Zeit. Weitere Bauvorhaben waren für bestimmte Gemeinden nur noch über Sondergenehmigungen möglich. Diese logische Konsequenz des verschwenderischen Verhaltens führte aber nicht etwa zu einem Umdenken der jeweiligen Gemeinden. Im Gegenteil: Die versiegelungsfreudigen Parteien wurden ersucht, die herrschende Gesetzesgrundlage an den Bedarf der flächengierigen Gemeinden anzupassen. Mit Erfolg.


In einem kürzlich beschlossenen Entwurf zur Fortschreibung des LEPs werden neue Regelungen für das Siedlungswachstum beschlossen. Der Prozentsatz für erlaubten Flächenverbrauch bleibt gleich, also 10 Prozent für kleine Gemeinden und 15 Prozent für größere Gemeinden. Geändert hat sich allerdings der Bezugszeitpunkt. Die neu festgelegte Bemessungsgrundlage ist der Bestand vom Dezember 2017. Acht Jahre intensive Bautätigkeit werden nicht mehr berücksichtigt. Im Gegenteil. Diese Neuregelung begünstigt nun vor allem die Gemeinden, die bereits vorher den Rahmen mit ihren Bauvorhaben völlig gesprengt haben.


Die Problematik von Flächenverbrauch und Versiegelung

Die Auswirkungen von Versiegelung sind selten direkt sichtbar und bei ihrem Auftreten nur schwer rückgängig zu machen. Die Zerstörung einer Grünfläche durch Beton und Asphalt ist sicherlich das am einfachsten vermittelbare Problem von Versiegelung. Ökologisch stehen aber noch weiter größere Schadenswirkungen hinter einer Flächenversiegelung als nur der Verlust der schönen Aussicht. So wird zum Beispiel der Wasserhaushalt des Bodens grundsätzlich gestört. Regenwasser versickert schlechter und füllt die Grundwasservorräte weniger auf. Zudem steigt das Risiko, dass bei Starkregenereignissen die oberflächlich abfließenden Wasserfluten nicht mehr durch Vorfluter und Kanalisation gemanagt werden können. So geschehen vor kurzer Zeit im Extremsommer 2018, in dem Unwetter und Starkregen zu massiven Überschwemmungen in vielen Teilen Deutschlands führten.
Versiegelte Böden tragen zudem zu einer Aufheizung der Umgebung und zu einer Aufheizung von Siedlungsräumen und dem Klima bei. Sie sind nicht mehr für den Pflanzenbewuchs verfügbar, der als Wasserverdunster und Schattenspender eine ökologische Kühlfunktion übernehmen kann.
Besonders zu nennen ist aber der Verlust des Bodens an sich. Die natürliche Bodenfruchtbarkeit wird durch eine Versiegelung massiv beeinträchtigt. Bodenfauna geht zugrunde. Fruchtbarer oder eventuell sogar schutzwürdiger Boden geht verloren. Selbst bei einer Entsiegelung bleibt die Bodenstruktur gestört. Oftmals – in menschlichen Zeiträumen – unwiederbringlich.


Den BUND Schleswig-Holstein unterstützen

Der BUND setzt sich bei der Landesregierung dafür ein, das konkrete Ziel von 1,3 Hektar pro Tag bis spätestens 2030 festzuschreiben und bis dahin klare Zwischenziele zu benennen. Die Ziele sollen über eine regelmäßige, am besten jährliche Überprüfung erfolgen. Bei Fehlentwicklungen muss die Landesregierung Maßnahmen ergreifen, um mögliche Verfehlungen umgehend auszugleichen.
Im BUND-Projekt „Weniger ist Mehr – Versiegelung stoppen“ wird dieses Ziel konkret angegangen. Die Vertreter*innen der Bauausschüsse der verschiedenen Gemeinden sowie die politischen Entscheidungsträger*innen sollen vom BUND dazu bewogen werden, zukunftsfähige Entscheidungen zu treffen. Sie sind die wesentlichen Akteure des zukünftigen Flächenverbrauchs.
Um dieses Ziel zu erreichen, wird im Projekt, in Zusammenarbeit mit Städteverband SH, Gemeindetag SH, Landkreistag SH und weiteren Akteuren aus den Bereichen Landwirtschaft, Verkehr sowie Architektur ein Leitfaden mit konkreten Handlungsoptionen und Best-Practice-Beispielen erstellt. Dieser Leitfaden wird den Akteuren zur Verfügung gestellt. Ausgeprägte Öffentlichkeitsarbeit wird das Projekt begleiten und Bürger*innen in das Thema mit einbeziehen.
Das Projekt hat im August 2019 begonnen.


Wenn auch Sie Interesse haben, sich in das Thema einzubringen, schreiben Sie eine E-Mail an:
merlin.michaelis(at)bund-sh.de
mit dem Betreff: „Engagement im Versiegelungsprojekt“ und einer kurzen Beschreibung, wie Sie sich gern einbringen möchten. Wir nehmen Sie dann in eine Interessentenliste auf.

 

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